Bidens Muskelspiele

Er wolle

wieder die Gewohnheit der Zusammenarbeit pflegen und die Muskeln der demokratischen Bündnisse wiederaufbauen, die durch Jahre der Vernachlässigung und (…) Misshandlung verkümmert sind“.

Wessen Muskeln hier zum Einsatz kommen sollen, dürfte klar sein - die der USA. Biden verschwieg auch nicht, wer die US-Muskeln zu spüren bekommen soll, natürlich Russland. Der Präsident verdeutlichte, dass die Regierung unter seiner Führung angesichts der Menschenrechtsverletzungen und des aggressiven Handelns Russlands nicht „kuschen“, werde.

Interessant! War nicht die US-Hauptstadt erst kürzlich Schauplatz einer Erstürmung des Kapitols, wobei fünf Menschen ums Leben kamen? Waren es nicht die USA, welche im vergangenen Jahr von Demonstrationen und innenpolitischen Verwerfungen heimgesucht wurden, aufgrund von regelmäßigen tödlichen Polizeiübergriffen, insbesondere gegenüber Afro-Amerikanern? Sind es nicht die US-Geheimdienste, die vor einer Gefahr des Inlandsterrorismus warnen?

Angesichts dieser Rahmenbedingungen scheint es erstaunlich, dass Biden die USA wie gewohnt als „die leuchtende Stadt auf dem Hügel“/“the shining city on the hill“, wie es Ronald Reagan einst pathetisch auszudrücken pflegte - die weltweit als leuchtende Fackel der Freiheit, die Dunkelheit vertreibt - zu verkaufen versucht.

Biden drückt sich nüchterner aus, hält aber den Kurs. Starke Bündnisse und der Einsatz für Menschenrechte und Demokratie in der ganzen Welt seien auch im „ureigenen Interesse“ Amerikas.

Wir investieren nicht nur in Diplomatie, weil es richtig ist, das für die Welt zu tun. Wir tun es, um in Frieden, Sicherheit und Wohlstand zu leben.“

Neue Sanktionsandrohungen gegenüber Moskau

Nun, was Frieden, Sicherheit und Wohlstand angeht, da gibt es genug Baustellen in den USA vor Ort. Aber bleiben wir bei Bidens außenpolitischen Absichten gegenüber Moskau. Er werde auch nicht zögern, die „Kosten“ für Russlands Handeln zu erhöhen – eine kaum versteckte Drohung mit neuen Sanktionen, die der Präsident da im US-Außenministerium verbreitete.

Fanatikerin Victoria Nuland in Bidens Team

Diese Tendenz wird noch dadurch bekräftigt, dass Biden die angebliche Diplomatin Victoria Nuland aus der Versenkung holt. Diese antirussische Hardlinerin soll den Posten des Unterstaatssekretärs für politische Angelegenheiten in seinem Regierungsteam erhalten. Das bedeutet nichts Gutes. In den USA selbst regt sich Widerstand. 25 Organisationen erinnern daran, welche unsägliche Rolle Nuland im Jahr 2014 zu Beginn der Ukraine-Krise gespielt hat. In dem Aufruf heißt es:

Nuland spielte eine Schlüsselrolle bei der Ermöglichung eines Putsches in der Ukraine, der einen Bürgerkrieg auslöste, der bisher mehr als 10.000 Menschenleben kostete und über eine Million Menschen vertrieb. Sie spielte auch eine Schlüsselrolle bei der Bewaffnung der Ukraine. Sie befürwortet radikal erhöhte Militärausgaben, die Erweiterung der NATO, propagiert Feindseligkeit gegenüber Russland und Bemühungen, die russische Regierung zu stürzen.

Nulands Einschätzung kennen wir...

Nuland selbst macht aus ihren Absichten keinen Hehl. So formulierte sie doch im vergangenen Jahr:

Die Herausforderung für die Vereinigten Staaten im Jahr 2021 wird es sein, die Demokratien der Welt bei der Ausarbeitung eines effektiveren Ansatzes gegenüber Russland zu führen – einer, die auf ihren Stärken aufbaut und Putin dort unter Druck setzt, wo er verwundbar ist, einschließlich bei seinen eigenen Bürgern.

Nuland fügte hinzu:

„… Moskau sollte auch sehen, dass Washington und seine Verbündeten konkrete Schritte unternehmen, um ihre Sicherheit zu stärken und die Kosten der russischen Konfrontation und Militarisierung zu erhöhen. Dazu gehören die Beibehaltung robuster Verteidigungsbudgets, die weitere Modernisierung der Nuklearwaffensysteme der USA und ihrer Verbündeten, die Stationierung neuer konventioneller Raketen und Raketenabwehrsysteme, die Einrichtung ständiger Stützpunkte entlang der Ostgrenze der NATO und die Erhöhung des Tempos und der Sichtbarkeit gemeinsamer Übungen.“

Wie tief man dabei sinken kann, machte Nuland im Jahr 2014 selbst deutlich, als sie sich nicht genierte, mit der offen pro-nazistischen Swoboda-Partei in der Ukraine zusammenzuarbeiten. In einem damals abgehörten Telefonat zwischen Victoria Nuland, damals Stellvertreterin des US-Außenministers und dem US-Botschafter in der Ukraine Jeffrey Payette, in dem sie ihre weiteren Schritte bei der Steuerung der Revolution in der Ukraine besprechen, einigten sie sich darauf, dass von den drei Protagonisten nach dem Regime Change nur Jazenjuk in die neue Regierung gelangen soll.

Jazenjuk sei von Nuland gut positioniert worden und sage genau das Richtige – Klitschko müsse aber noch “bearbeitet” werden und solle sich dann um seine “Hausaufgaben” (Aufstachelung der Ukrainer) kümmern. Die Neonazis der Ukraine mit ins Boot geholt zu haben, erregt bei Payette Besorgnis – dies könnte die Opposition zersplittern. Das ist aber auch das einzige, was ihn an der rechtsextremen Swoboda störte. In dem Gespräch fielen dann auch jene Worte, die deutlich machten, was Nuland über ihre „Verbündeten“ denkt - „Fuck the EU“.

Der Russland-Experte Reinhard Lauterbach schrieb in diesem Zusammenhang:

Bei Trump hieß das »America First«, und Biden hat nach seiner Wahl auch nichts anderes verkündet: „Amerika“ sei mit ihm zurück auf der Weltbühne, „bereit, die Welt zu leiten“. Von wegen also „neue Ära“ und was das deutsche Kommentariat sonst noch so zusammenschreibt. Nicht einmal die Hoffnung auf bessere Manieren der künftigen US-Diplomatie lässt sich mit dieser Nominierung noch aufrechterhalten.“

„Was heißt das für mich konkret!?“

Bidens Außenpolitik, wie er sie selbst darstellt, ist weder ein Neueinfang, noch eine Zäsur. Diese Politik entspricht auch nicht mehr den Verhältnissen der Welt, sondern ist so etwas wie alter Wein in neuen Schläuchen. Nur naive und oberflächliche Kommentatoren, können diesbezüglich etwas Positives erkennen. Wie sagte doch Heiko Maas? Die europäisch-amerikanischen Beziehungen würden sich wesentlich verbessern. Nun ja.

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